Ein Kunst-Hotspot für Offenburg

Offenburg. Stefan Strumbel sieht es schon vor sich. „A beautiful thing ist never perfect“ (eine schöne Sache ist niemals perfekt): Dieser Schriftzug soll am Kesselhaus prangen und beschreibt zugleich, wie die Sanierung des denkmalgeschützten Gebäudes erfolgen soll. „Ich will es nicht totsanieren“, kündigt Strumbel beim Vor-Ort-Besuch an. Das Gebäude soll seine Patina und seinen Charme behalten. „Das bekommt kein Maler so gut hin!“, schwärmt der Künstler beim Blick auf die Westfassade des Gebäudes. Sie soll so bleiben und wie vieles im Kesselhaus ihren „roughen“ Stil bewahren. „Die Geschichte soll sichtbar bleiben“, so Strumbel.
Ein Jahr ist es her, dass er das 1891 errichtete Kesselhaus auf dem ehemaligen Spinnereigelände gekauft hat. „Es ist neben dem Schlachthof noch der einzige Diamant in der Stadt“, sagt Strumbel. 2016 war er schon einmal kurz davor, es zu erwerben, entschied sich aber dagegen. 2020, als das Kesselhaus wieder zu haben war, weil die Partner AG doch nicht mit ihrem Architekturbüro einziehen wollte, „musste er noch einmal rein“. „Meine Frau Katrin und Thomas Ganter von der Hurrle GmbH waren mit mir im Gebäude und haben mich ermutigt“, erinnert sich Strumbel. Im Frühjahr 2020, „in der ersten Corona-Woche“, war dann der Notartermin.
„Berghain“-Optik
Seither laufen die Planungen für die Sanierung des Kesselhauses auf Hochtouren. Mit dem Architekturbüro Müller und Huber (Oberkirch) feilt Strumbel an den Details. „Sie lassen mich Künstler sein“, freut sich der 41-Jährige. Die Firma Wackerbau ist längst dabei, die altehrwürdigen Gemäuer zu ertüchtigen. Und natürlich bringt auch Strumbels Freundeskreis viele Ideen ein.
Klar ist: Strumbel wird sich im Kesselhaus nicht mit seiner Arbeit abschotten. Im Gegenteil: Er will dieses künftige Highlight mit der Öffentlichkeit teilen. Offenburg wird einen für alle offenen und zugänglichen Kunst-Hotspot bekommen. Zu Füßen des Kesselhauses wird auf dem künftigen Quartiersplatz ein kuratierter Skulpturenpark entstehen mit Werken verschiedener Künstler. Der Platz werde zur grünen Oase fürs ganze Spinnerei-Areal mit Sitzgelegenheiten, Bäumen und eben ganz viel Kunst.
Kunst wird auch im Kesselhaus allgegenwärtig sein. Im Untergeschoss wird nicht nur eine Rahmenwerkstatt mit kleinem „Kunst-Concept-Store“ einziehen. Hier wird auch eine Galerie internationale Kunst präsentieren. Sechs Ausstellungen im Jahr sind geplant, auch „OG Projects“ wird hier zweimal im Jahr am Start sein. „Berghain“-Optik ist im Untergeschoss angesagt: Wie in dem berühmten Berliner Club dominiert unbehandeltes mächtiges Gemäuer. In der Offenburger Variante gesellt sich noch hartes Neonlicht dazu.
Darüber im Erdgeschoss befindet sich Strumbels Reich, die zwölf Meter hohe, 220 Quadratmeter große Halle des Kesselhauses. Der Blick auf die riesigen sakralartigen Fenster und das einfallende Licht bescheren einen Wow-Effekt.
„Kesselhaus-Talk“
„Ich kann es kaum erwarten, hier meine erste Malerei zu machen“, schwärmt Strumbel. Die Wände in der einstigen Energiezentrale sollen eher museal gehalten und „weiß und clean“ werden, erklärt Strumbel. Die Krananlagen und vieles mehr bleiben aber erhalten und lassen weiter den industriellen Charakter spüren. Auch sein Atelier selbst will Strumbel immer mal wieder der Öffentlichkeit zugänglich machen. So denkt er nicht nur an einen, sondern an mehrere Tage der offenen Türen. Und in „Kesselhaus-Talks“ sollen Persönlichkeiten aus Strumbels riesigem Netzwerk vor Zuhörern diskutieren. „Ich will es zugänglich machen. Die Leute sollen die Architektur genießen können“, betont Strumbel.
Schöllmann an Bord
Zusätzlicher Magnet im Kesselhaus wird die Gastronomie im Anbau des Gebäudes sein. Hierfür hat Strumbel erwartungsgemäß die mit ihm befreundeten Top- Gastronomen Willi Schöllmann und Martin Kammerer an Bord geholt. Es soll ein offenes, zeitgenössisches Konzept mit offener Küche und viel Kunst an den Wänden werden, ein kreativer Austauschort für Jung und Alt.
„Die Besucher können drinnen oder auf der Terrasse sitzen oder sich etwas mitnehmen und es sich im Skulpturenpark oder am Mühlbach gemütlich machen“, erklärt Strumbel. Nicht nur viele Sitzgelegenheiten mit Betonmöbeln wird es wie am Mühlbach geben, auch die Verbindung vom Quartiersplatz zum Kesselhaus werde über eine „brutalistische“ Beton- Konstruktion hergestellt, erklärt Strumbel.
Im Obergeschoss des Anbaus gibt es noch 160 Quadratmeter Bürofläche mit kleiner Dachterrasse. Hier gebe es viele Anfragen. Aber er wolle in Ruhe entscheiden, welcher Mieter gut zum Objekt passt, so Strumbel.
Soft-Opening Ende 2021
Der Künstler hofft, im Dezember mit einem „Soft-Opening“ starten zu können. Die komplette Einweihung soll im Frühjahr 2022 folgen. Das Kesselhaus bezeichnet er als „Lebenswerk“. Hier will er später über eine Stiftung auch einmal sein künstlerisches Werk erhalten wissen. Der Skulpturenpark wird wohl zuletzt fertig, aber ein prächtiges Exponat gibt es bereits, findet Strumbel: „Das Kesselhaus allein ist schon eine Skulptur!“